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Gemeindezusammenschluss
Der zusammenschluss zum "Freigericht"
Noch dachte man in Hessen nur vage an einen Zusammenschluss von Landkreisen zu „Großkreisen", auch nicht an den Main-Kinzig-Kreis, der erst später, nämlich 1974 das „Licht der Welt" erblicken sollte, als die fünf Ortschaften des auf hessischer Seite liegenden Freigerichts sich ab 1. Januar 1970 freiwillig zur Gemeinde Freigericht zusammenschlossen.
Rechtliche Grundlage für den Zusammenschluss bildete der Auseinandersetzungsvertrag vom 17. November 1969, der von den Gemeindevertretungen beschlossen worden war und den die jeweiligen Bürgermeister und Ersten Beigeordneten unterzeichneten.
Bevor es zum Zusammenschluss kam, bedurfte es zäher Verhandlungen der verantwortlichen Kommunalpolitiker der noch selbständigen Gemeinden. Man bildete ein Gremium, das unter der Leitung des Juristen Anton Schäfer den Zusammenschluss vorbereitete. Neben den damaligen Bürgermeistern Georg Kreis (Somborn), Johannes Weigand (Altenmittlau), Julius Iffland (Bernbach), Peter Seikel (Horbach) und Franz Schilling (Neuses) wirkten darin noch weitere Mitglieder der Gemeindevorstände und der Gemeindevertretungen mit.
Sofort einig war man sich über den Namen des neuen Gebildes, das in der Bevölkerung der Region ohnehin schon als „das Freigericht" bezeichnet wurde, obwohl das aus der Geschichte bekannte Freigericht auch Ortschaften, die heute im Bayerischen liegen, umfasste.
Klar war, dass die Rechte und Pflichten der am Zusammenschluss beteiligten Gemeinden auf die neue „Großgemeinde" übergehen und die gewählten Organe untergehen würden, so dass neue Gemeindeorgane zu wählen seien. Bis zur ersten Kommunalwahl führten Staatsbeauftragte die Geschäfte der Gemeindeorgane und Georg Kreis die des Bürgermeisters. Er führte zusammen mit den Bürgermeistern der übrigen vier Orte in der Übergangsphase auch die Geschäfte des Gemeindevorstandes. Aloys Streb aus Somborn war in dieser Zeit als Staatsbeauftragter für die Aufgaben der Gemeindevertretung zuständig.
Erste Kommunalwahl nach dem Zusammenschluss
Die erste Freigerichter Kommunalwahl fand am 8. März 1970 statt und erbrachte folgende Sitzverteilung in der Gemeindevertretung: SPD = 5, CDU = 15, UWG = 5. Berthold Seikel (CDU) aus Horbach wurde zum Vorsitzenden gewählt. Die Namen der weiteren Gemeindevertreter der „ersten Stunde": Anton Schäfer, Berthold Weckmann, Ansgar Hüttel, Walter Iffland, Hubert Rieth, Alois Kraut, Karl Weber, Karl Dudek, Anton Remmel, Heinrich Bilz, Martin Trageser, Arnold Hufnagel, Hermann Pfannmüller, Josef Huth (alle CDU), Karl Trageser, Josef Benzing, Horst Weitzel, Hermann Benzing, Reinhold Trageser (alle UWG), Albert Hof, Rudi Hufnagel, Dr. Adolf Schmitt-Weigand, Anton Dey und Heinrich Vonrhein (alle SPD). Die Namen der ehrenamtlichen Mitglieder des ersten Gemeindevorstandes: Franz Schilling, Alois Weigand, Josef Engelbert Franz, Rudolf von Rhein, Helmut Schneider (alle CDU), Anton Remmel (SPD), Alois Zwergel und Josef Streb (UWG). In den fünf Ortsteilen bildete man Ortsbeiräte, denen Aufgaben entsprechend den örtlichen Bedürfnissen übertragen wurden.
Die Gemeindevertretung
Die Gemeindevertretung tagte wechselweise in den Ortsteilen und zwar in den Sälen der Gaststätten. Erst nach Fertigstellung der Gesamtschule wechselte man in die Aula der Schule und später in den großen Saal der Freigericht-Halle. Seit 1989 tagt das Parlament meist im großen Sitzungssaal des in den Jahren 1987/88 erweiterten Freigerichter Rathauses.
Die Verwaltung der neuen Gemeinde sollte ihren Sitz im Rathaus der bisherigen Gemeinde Somborn haben. Zu dieser Entscheidung war man wohl gelangt, weil Somborn als größter Ortsteil erst 1966 ein modernes Rathaus gebaut hatte, das zunächst auch der Verwaltung der „Großgemeinde" ausreichend Platz bot. Die Bediensteten der bisherigen fünf Gemeinden übernahm die neue Gemeinde in ihren Dienst. In den Rathäusern der anderen Ortschaften wurden Ortsteilverwaltungen eingerichtet.Erste Bürgermeisterwahl
Am 11. Juli 1970 fand im Saal der Gaststätte „Zum Engel" in Somborn die erste Bürgermeisterwahl statt. Dr. Horst Eberhard Theis wurde mit 17 Ja-Stimmen und 6 Nein-Stimmen gewählt. Am 17. Dezember 1970 wählte die Gemeindevertretung den ehemaligen Neuseser Bürgermeister Franz Schilling zum hauptamtlichen Ersten Beigeordneten der Gemeinde.
Rückblick
Blickt man heute, nachdem Freigericht weitgehend zu einer einheitlichen Gebietskörperschaft zusammengewachsen ist, in der das Ortsteildenken keine vordergründige Rolle mehr spielt, zurück, fällt auf, wie sehr in den Anfängen in jedem der Ortsteile darauf geachtet wurde, ein möglichst großes Stück vom Finanzkuchen abzubekommen, um nicht benachteiligt zu werden. So schrieb man beispielsweise fest, vor einer Vereinheitlichung die Steuerhebesätze und Gebühren für öffentliche Einrichtungen in den nächsten drei Jahren nicht zu erhöhen. Lange umstritten war die Verteilung der erhöhten Schlüsselzuweisungen, welche die Gemeinde für den freiwilligen Zusammenschluss nach dem Finanzausgleichsgesetz vom Land Hessen erhalten sollte. Eigens vereinbarte man einen Verteilerschlüssel, nach welchem Somborn jährlich zwei Anteile und den übrigen vier Ortsteilen jeweils ein Anteil als Investitionen dieser Zusatzmittel zufließen sollten. Auch die alten, noch nicht erhobenen Erschließungsbeiträge sollten unbedingt noch den Ortsteilen zufließen, in denen sie zu erheben waren.
Selbstverständlich sollte die neue Gemeinde auch all jene Investitionen realisieren, welche die alten Gemeinden bis spätestens 31.12.1969 beschlossen hatten, was im einen oder anderen Fall durchaus dazu führte, kurz vor „Toresschluss" noch schnell eine Maßnahme zu beschließen, die man als kleine selbständige Gemeinde erst zu einem viel späteren Zeitpunkt hätte verwirklichen können.
Neben dem Aufbau einer leistungsfähigen Verwaltung galt es am Anfang des Bestehens der Gemeinde Freigericht demnach, auch die bereits beschlossenen, zahlreichen Investitionsmaßnahmen in den einzelnen Ortsteilen umzusetzen. Außerdem gab es für jeden Ortsteil eine sogenannte Investitionsliste, in der die früheren Gemeinden ihre Wünsche artikuliert hatten. Zum Beispiel wünschte sich Altenmittlau eine Mehrzweckhalle und den Bau einer Umgehungsstraße, in Bernbach legte man Wert auf den verstärkten Ausbau des Kanal- und Straßennetzes sowie den Bau eines Kinderspielplatzes. Horbach sah erheblichen Nachholbedarf für Straßen- und Kanalbau und benötigte ein neues Feuerwehrhaus sowie eine neue Friedhofshalle. Neuses forderte unter anderem eine Mehrzweckhalle, ein neues Feuerwehrauto und eine Friedhofshalle. Somborn wollte im Wesentlichen einen zweiten Kindergarten, eine Mehrzweckhalle und einen zweiten Fußballplatz. Als überörtliche Gemeinschaftsprojekte sollten verwirklicht werden: Hallenschwimmbad, Kläranlage, Flächennutzungsplan und Verkehrsplan, Zentrale Sportanlage, Unimog mit Zusatzgeräten und Bau eines zentralen Altenheimes.
Im Rückblick lässt sich feststellen, dass nahezu alle Wünsche und darüber hinaus noch wesentlich mehr an Einzelmaßnahmen verwirklicht werden konnten, so dass die Infrastruktur der Gemeinde als vorbildlich bezeichnet werden kann.